Allgemeinverfügung des Landkreises Heidekreis: Anordnung der Absonderung in häuslicher Quarantäne beim erstmaligen Vorliegen eines Nachweises des Coronavirus SARS-CoV-2
Gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG1) i. V. m. § 30 Abs. 1 S. 2 IfSG wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:
- Personen, denen erstmalig ein positiver Befund einer mikrobiologischen Untersuchung eines Antigentests oder eines Nasen- oder Rachenabstrichs zum Nachweis des Corona-Virus SARS-CoV-2 bekannt wird, haben ab Bekanntwerden des positiven Befundes bis auf weiteres eine Absonderung in häuslicher Quarantäne einzuhalten. Den betroffenen Personen ist es bis zur Aufhebung der Quarantäne durch das Gesundheitsamt untersagt, ihre Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamtes zu verlassen. Ferner ist es ihnen in dieser Zeit untersagt, Besuch von Personen zu empfangen, die nicht ihrem Haushalt angehören.
- Die betroffenen Personen sind verpflichtet, eine Kontaktliste zu erstellen. Zugrunde zu legen sind dabei die Kriterien zur Kontaktpersonennachverfolgung des Robert-Koch-Instituts (siehe Vorlage für die Kontaktliste).
- Die betroffenen Personen müssen ihre Kontaktpersonen umgehend über das positive Testergebnis informieren und sollten diese auch auf die damit verbundenen Verhaltensregeln als Kontaktperson hinweisen (siehe hierzu das Merkblatt „Hinweise für Kontaktpersonen“).
- Für die Zeit der Absonderung unterliegen die positiv getesteten Personen (Siehe Ziff 1.) der Beobachtung durch das Gesundheitsamt (§ 29 IfSG). Sie haben Untersuchungen und Entnahmen von Untersuchungsmaterial durch die Beauftragten des Gesundheitsamtes an sich vornehmen zu lassen, insbesondere erforderliche äußerliche Untersuchungen, Abstriche von Haut und Schleimhäuten, Blutentnahmen und Röntgenuntersuchungen, sowie das erforderliche Untersuchungsmaterial auf Verlangen bereitzustellen. Sie können durch das Gesundheitsamt vorgeladen werden und haben Anordnungen des Gesundheitsamtes Folge zu leisten. Ferner sind sie verpflichtet, den Beauftragten des Gesundheitsamtes zum Zwecke der Befragung oder der Untersuchung den Zutritt zu Ihrer Wohnung zu gestatten und ihnen auf Verlangen über alle ihren Gesundheitszustand betreffenden Umstände wahrheitsgemäße Auskunft zu geben.
- Bis zum Ende der Absonderung müssen die betroffenen Personen zweimal täglich, morgens und abends, ihre Körpertemperatur messen und überprüfen. Die Messungen sind schriftlich mit Uhrzeit und Ergebnis zu dokumentieren; die Dokumentation ist auf Nachfrage dem Gesundheitsamt vorzulegen. Zudem sind folgende Hygieneregeln zu beachten:
Lebt die betroffene Person in Haushaltsgemeinschaft mit anderen Personen, sollte nach Möglichkeit eine zeitliche und räumliche Trennung zu anderen Haushaltsmitgliedern eingehalten werden. Eine zeitliche Trennung kann zum Beispiel dadurch erfolgen, dass Mahlzeiten nicht gemeinsam, sondern nacheinander eingenommen werden. Eine räumliche Trennung kann zum Beispiel dadurch erfolgen, dass sich die betroffene Person in einem anderen Raum als die anderen Haushaltsmitglieder aufhält.
- Sollten die betroffene Person ärztliche Hilfe benötigen, ist das medizinische Personal vorab über die Infektion mit dem Corona-Virus SARS CoV-2 zu informieren. Folgende Merkblätter und Hinweise stehen unter www.heidekreis.de/corona zum Download bereit:
- „Hinweise für Personen, bei denen SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde“,
- „Hinweise für Kontaktpersonen“ sowie
- eine Vorlage für die Kontaktliste
Diese Allgemeinverfügung tritt am 18.11.2020 in Kraft.
Sie gilt befristet bis zum 28.02.2021 (Verlängert durch Allgemeinverfügung vom 30.12.2020).
Begründung:
Gemäß §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann bei Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern angeordnet werden, dass sie in geeigneter Weise abgesondert werden, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung der übertragbaren Krankheit notwendig ist. Bei den von dieser Allgemeinverfügung betroffenen Personen wurden erstmalig im Rahmen einer mikrobiologischen Untersuchung eines Antigentests oder eines Nasen- oder Rachenabstrichs das Corona-Virus SARS-CoV-2 nachgewiesen. Aufgrund der nachgewiesenen Infektion mit SARS-CoV-2 sind die betroffenen Personen als ansteckungsverdächtig anzusehen.
Von dem neuartigen Erreger geht wegen seiner recht hohen Übertragbarkeit und der häufig schweren bis hin zu tödlichen Krankheitsverläufe eine besondere Gefahr für die öffentliche Gesundheit in Deutschland und weltweit aus. Daher sind an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung eher geringe Anforderungen zu stellen, so dass hier bereits das Übertragungsrisiko aufgrund der Nähe zu der infizierten Person ausreicht. Liegt eine Infektion vor, so stellt die Absonderung ein Mittel zur Verhinderung der weiteren Verbreitung der Krankheit dar, dessen Eignung durch frühere Erfahrungen gut belegt ist. Für den Betroffenen weniger einschneidende gleich geeignete Mittel sind nicht ersichtlich. Die Dauer der Absonderung ergibt sich aus dem weiteren Krankheitsverlauf und kann daher nicht pauschal auf einen bestimmten Zeitraum (zum Beispiel) festgelegt werden. Die sich aus der Absonderung ergebenden Einschränkungen stehen nicht außer Verhältnis zu dem Ziel, eine Weiterverbreitung dieses Krankheitserregers in der Bevölkerung zu verhindern. Mit der häuslichen Durchführung der Absonderung wird den Belangen der betroffenen Person so weit wie möglich Rechnung getragen. Die angeordneten Maßnahmen sind notwendig, um das Risiko einer Weiterverbreitung des Erregers in der Bevölkerung zu minimieren und um ggf. weitergehende Schutzmaßnahmen zu treffen.
Da sich insbesondere der Verlauf der Erkrankung nicht vorab abschätzen lässt, wird die Quarantäne bis auf weiteres angeordnet. Eine zeitliche Befristung der Absonderung ist somit zu dem Zeitpunkt des Erhalts des positiven Testergebnisses nicht zweckmäßig. Unter anderem Labore sind gesetzlich verpflichtet, den Nachweis des Corona-Virus SARS-CoV-2 dem örtlich zuständigen Gesundheitsamt zu melden, so dass im Nachgang eine Kontaktaufnahme seitens der zuständigen Behörde erfolgen kann. Aufgrund organisatorisch bedingter Verzögerungen und begrenzter personeller Kapazitäten kann derzeit, unter anderem in Hinblick auf die Menge auftretender und gemeldeter Infektionen mit dem vorgenannten Erreger, nicht sichergestellt werden, dass diese Kontaktaufnahme zeitnah, innerhalb weniger Stunden, erfolgt.
Um zu verhindern, dass es aufgrund dieser Verzögerung zu einer weitergehenden Verbreitung des Krankheitserregers kommt, ist die Anordnung der Quarantäne per Allgemeinverfügung erforderlich und zweckmäßig. Durch das eigenständige Absondern der betroffenen Personen kann die Ansteckung anderer und somit die Ausbreitung wirksam verhindert werden.
Die Erstellung einer Kontaktpersonenliste vorzugsweise mit Hilfe des auf der Homepage des Landkreises Heidekreis bereitgestellten Kontaktvordrucks, ist notwendig, um die Kontaktnachverfolgung durch das Gesundheitsamt bzw. der örtlichen Behörde durchzuführen. Aufgrund der detaillierten Angaben zu etwaigen Kontaktpersonen, wird der zuständigen Behörde ermöglicht kurzfristig etwaige Kontaktpersonen rechtlich entsprechend einzuordnen und entsprechend zu kontaktieren.
Die Nutzung der entsprechenden einheitlichen Vordrucke dient einer beschleunigten Bearbeitungsmöglichkeit durch das Gesundheitsamt im Kontaktpersonenmanagement.
Durch Ziffer 3 der Allgemeinverfügung werden bereits zu einem frühen Zeitpunkt etwaige Kontaktpersonen über ihren etwaigen Status als Kontaktperson informiert, sodass auch insoweit die Verringerung bis zur Verhinderung weiterer möglicher Ansteckungen erreicht werden kann. Dies ist im Hinblick auf die Dynamik im Infektionsgeschehen zweckmäßig und zur frühzeitigen Unterbrechung der Infektionsketten erforderlich.
Rechtsgrundlage für die Beobachtung nach Ziffer 4 der Allgemeinverfügung ist § 29 IfSG. Die angeordneten Maßnahmen sind notwendig, um festzustellen, bis zu welchem Zeitpunkt ein Ansteckungsrisiko gegeben ist und damit tatsächlich das Risiko einer Weiterverbreitung des Erregers in der Bevölkerung besteht.
Durch Ziffer 6 der Allgemeinverfügung soll sichergestellt werden, dass ärztliches Personal bei Kontakt mit einer nachweislich infizierten Person die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen treffen kann. Dies ist zum Schutz der Allgemeinheit und der Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems zwingend erforderlich.
Neben dem Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit sind eine Entschleunigung der Verbreitung des Virus und eine Unterbrechung der Infektionsketten unbedingt erforderlich, um die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems über einen absehbar längeren Zeitraum sicherstellen zu können. Die Gesundheitsversorgung für die Gesamtbevölkerung muss aufrechterhalten werden. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Allgemeinverfügung zweckdienlich,
angemessen und erforderlich.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Lüneburg, Adolph-Kolping-Straße 16, 21337 Lüneburg, schriftlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder auf elektronischem Weg über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) dieses Gerichtes erhoben werden.
Näheres zu den Voraussetzungen des elektronischen Rechtsverkehrs und der Installation der notwendigen kostenfreien Zugangs- und Übertragungssoftware EGVP finden Sie auf der Internetseite www.justizportal.niedersachsen.de (Service).
Diese Verfügung ist gemäß § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar, das heißt, Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung.
Eine Zuwiderhandlung gegen diese Allgemeinverfügung stellt gemäß § 73 Abs.1a Nr. 6 IfSG eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 25.000,00 EUR geahndet werden kann.
Bad Fallingbostel, 13.11.2020
Landkreis Heidekreis
Der Landrat
Ostermann
Hinweis:
Die Allgemeinverfügung einschließlich Begründung kann im Fachbereich Ordnung des Heidekreises eingesehen werden.