Tierseuchenbehördlichen Allgemeinverfügung über die Anordnung der Aufstallung von Geflügel zum Schutz gegen die Geflügelpest des Landkreises Heidekreis mit Gültigkeit ab 26. April 2021
Zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel ordne ich Folgendes an:
Sämtliches im Landkreis Heidekreis gehaltenes Geflügel (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse) ist ab Montag, dem 26. April 2021, ausschließlich
- in geschlossenen Ställen oder
- unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträgegesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung bestehen muss (Schutzvorrichtung),
zu halten.
Die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme ordne ich im öffentlichen Interesse an.
Diese Allgemeinverfügung tritt am Montag, dem 26. April 2021, in Kraft und gilt so lange, bis ich sie wieder aufhebe.
Begründung:
Diese Verfügung basiert auf § 13 Abs. 1 Geflügelpest-Verordnung. Der Risikobewertung wurde gemäß § 13 Absatz 1 und 2 Geflügelpest-Verordnung zugrunde gelegt, dass am 23.04.2021 bei einer im südlichen Stadtgebiet Soltau verendet aufgefundenen Wildgans (Nonnengans) eine Infektion mit dem Virus der hochpathogenen Aviären Influenza vom Subtyp H5N8 amtlich festgestellt worden ist. Der Risikobewertung wurde weiter zugrunde gelegt, dass der Landkreis Heidekreis Wildvogeldurchzugsgebiet für wildlebende Watt- und Wasservögel ist und dass im Landkreis Heidekreis mehrere Flüsse und Feuchtgebiete vorhanden sind, an denen die genannten Wildvögel rasten. Die aktuelle Risikoeinschätzung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) vom 25.03.2021 wurde ebenso berücksichtigt. Das Risiko der Ausbreitung in Wasservogelpopulationen und des Eintrags in Geflügelhaltungen und Vogelbestände wird dort noch immer als hoch eingestuft. Derzeit ist weiter von einem hohen Eintragsrisiko durch Verschleppung des Virus zwischen Wildvögeln und Geflügelhaltungen auszugehen.
Bei der hochpathogenen Aviären Influenza handelt es sich um eine hochansteckende, anzeigepflichtige Viruserkrankung beim Geflügel, die schnell epidemische Ausmaße annehmen kann und deren Ausbruch immense wirtschaftliche Folgen für Geflügelhalter, Schlachtstätten und verarbeitende Industrien haben kann. Im Landkreis Heidekreis werden derzeit circa 350.000 Stück Geflügel gehalten. Daher wurde die Maßnahme unter Berücksichtigung des mir eingeräumten Ermessens sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften getroffen. Andere gegebenenfalls mildere Möglichkeiten, die Tierseuche schnell und wirksam einzudämmen, sind für mich nicht ersichtlich.
Es ist zu befürchten, dass es zu einer Einschleppung in die Nutztierbestände kommt, da es sich bei diesem Erreger um einen hochansteckenden Typ H5N8 handelt. Um eine derartige Übertragung in hiesige Geflügelbestände zu verhindern ist die vorgenannte Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen.
Infektionen des Menschen mit diesen HPAI H5N8 Viren wurden bislang nicht bekannt.
Weiterhin wurden in Norddeutschland allein im April 2021 bei neun Wildvögeln das Virus HPAI festgestellt, sodass trotz der zunehmend wärmeren Witterung noch immer von einer hohen Übertragungsmöglichkeit in und durch die Wildvogelpopulation ausgegangen werden muss. Der Nachweis im Heidekreis zeigt, dass das Virus auch hier präsent ist und eine große Gefahr für die heimische Geflügelpopulation darstellt.
Auf Grundlage der §§ 41 Abs. 4 Satz 4, 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit des Inkrafttretens einer Allgemeinverfügung der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden.
Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung:
Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung wurde die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet. Eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung hätte in diesem Fall keine aufschiebende Wirkung. Ein besonderes öffentliches Interesse ist hier gegeben, weil durch die Ausbreitung der Aviären Influenza unter anderem die Gefahr von gesundheitlichen wie auch von wirtschaftlichen Folgen erheblich wäre und deshalb sofort zu unterbinden war.
Der Schutz hoher Rechtsgüter erfordert ein Zurückstehen der Individualinteressen etwaiger Geflügelhalter am Eintritt der aufschiebenden Wirkung infolge eines eingelegten Rechtsbehelfs. Das öffentliche Interesse an umgehenden Bekämpfungsmaßnahmen zum Schutz gegen eine Weiterverbreitung der Seuche überwiegt.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Lüneburg erhoben werden.
Die Klage kann schriftlich (Postfach 29 41, 21339 Lüneburg) oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichtes (Adolph-Kolping-Str. 16, 21337 Lüneburg) eingelegt werden.
Die Klage kann auch mit qualifizierter elektronischer Signatur durch Zuleitung über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts erhoben werden.
Auf Ihren Antrag kann das Verwaltungsgericht Lüneburg die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Bad Fallingbostel, 23. April 2021
Landkreis Heidekreis
Der Landrat
Im Auftrag
Dr. Krull
Leitender Veterinärdirektor
Hinweise zu Ordnungswidrigkeiten:
Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 4 des Tiergesundheitsgesetzes handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Allgemeinverfügung zuwiderhandelt.
Ordnungswidrigkeiten können mit einem der Schwere der Zuwiderhandlung angemessenen Bußgeld bis zu 30.000,00 Euro geahndet werden.
Allgemeine Hinweise:
Jeder Verdacht der Erkrankung auf Geflügelpest ist mir unter der Telefonnummer 05162 970-306 sofort zu melden.
Die Haltung von Geflügel (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Tauben, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse) muss beim Landkreis Heidekreis, Fachbereich Veterinärwesen und Verbraucherschutz, Quintusstr. 1, 29683 Bad Fallingbostel, angezeigt sein (§ 26 Viehverkehrsverordnung). Wer dies bisher noch nicht gemacht hat und über keine Registriernummer für seinen Geflügelbestand verfügt, muss diese Anzeige dringend nachholen.
Auf die Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen (§§ 3, 5, 6 Geflügelpestverordnung) wird ausdrücklich hingewiesen.
Gemäß § 13 Abs. 3 der Geflügelpest-Verordnung kann ich in Einzelfällen Ausnahmen von der Aufstallungsanordnung genehmigen, sofern eine ausführliche Begründung erfolgt und sich hierdurch das Risiko einer Seuchenausbreitung nicht erhöht.
Rechtsgrundlagen:
- Geflügelpest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665, 2664)
- Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2694) geändert worden ist
- Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 25 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist
- Tiergesundheitsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938), das zuletzt durch Artikel 100 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geändert worden ist