Thema „Frauenfußball“
Thema „Frauenfußball“
Sagt Ihnen der Name „Lotte Specht“ etwas?
Zu ihrer Zeit hatten zwar Studentinnen erste Fußballspiele bei Hochschulmeisterschaften organisiert, aber es gab noch keine Vereine. Und so warb 1930 die damals 19-Jährige per Zeitungsannonce um Frauen für diesen Sport. Tatsächlich wurde im selben Jahr mit 35 Frauen der 1. Deutsche Damen-Fußballclub (1. DDFC) in Frankfurt gegründet.
Was wurde aus dem ersten Frauen-Fußballverein?
Ein Teil der Presse reagierte wohlwollend, der größte Teil jedoch abfällig. Die Frauen wurden als „Mannweiber“ beschimpft; es soll sogar zu Steinwürfen gekommen sein. Die Zeit war noch nicht reif: Fußball sei Männersport und sollte es auch bleiben. Bei dieser Einstellung fehlte es dem Verein an Gegnerinnen; sie spielten gegen Männermannschaften. Ein Antrag auf Aufnahme in den Deutschen Fußball-Bund (DFB) wurde abgelehnt. Die ständigen Anfeindungen führten dazu, dass sich der Verein im Herbst 1931 wieder auflöste.
Dennoch: Merken Sie sich den Namen der ersten Pionierin des Frauenfußballs in Deutschland!
Was denken Sie, wie im Nationalsozialismus die Haltung zum Frauenfußball war?
Nicht überraschend: Für die Frau galt, ihre Erfüllung als Mutter und Hausfrau zu finden. Der Deutsche Fußballbund (DFB) kommentierte 1936, dass der Fußball „mit der Würde und dem Wesen der Frau unvereinbar“ sei.
Aber dann muss es sich doch geändert haben, oder?
Mitnichten, weder die neuen politischen Verhältnisse noch die Jahrzehnte bewirkten einen Umschwung. Zwar organisierten sich fußballbegeisterte Frauen nach dem Krieg in Vereinen, wurden jedoch weiterhin unterdrückt. Als 1951 Blau-Weiß Oberhausen den Spielbetrieb aufnahm, liefen Presse, DFB und politische Vertreter Sturm. Oberhausens Trainer Rolf Warschun wurde lebenslang für alle Fußballämter gesperrt.
Geht es noch schlimmer für den Frauenfußball?
Wundert Sie nun das „Ja“? 1955 beschloss der DFB ein Damenfußballverbot. Zitat: „Dieser Kampfsport ist der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd.“ Auch Frauen auf den Plätzen spielen zu lassen, wurde untersagt; Schieds- und Linienrichter durften keine Spiele von Frauen leiten.
Lässt sich echte Fußballbegeisterung deckeln?
Nein, unabhängig vom Geschlecht. Viele Spielerinnen organisierten sich inoffiziell. Es ging auch ohne DFB; eigene Dachverbände entstanden. Meisterschaften, auch Länderspiele und 1957 eine Europameisterschaft wurden ausgetragen. Circa 18.000 Fans sahen 1956 das Spiel gegen die Niederlande. Finanziell, das sei an dieser Stelle erwähnt, ist nichts zu holen. Ende der 1960er Jahre kickten um die 50.000 Mädchen und Frauen.
Was macht 1970 der DFB?
Die wachsende Begeisterung und die internationale Entwicklung führten dazu, dass der DFB 1970 sein Verbot aufhob. Allerdings: Frauen mussten mit einem Jungen-Ball spielen, durften keine Stollenschuhe tragen und das Spiel dauerte - nein, nicht 90 Minuten, sondern - 60 Minuten (klar, in Halbzeiten).
Beim ersten Landerspiel unter dem Dach des DFB 1982 gewannen die deutschen Frauen gegen die Schweiz mit 5:1 (offizielle Spieldauer nun doch 90 Minuten). Sie mussten allerdings im Trikot des Jugendteams auflaufen, da es keinen passenden Sportdress für die Nationalspielerinnen gab.
Änderte sich etwas mit der Europameisterschaft der Frauen 1989?
Urteilen Sie selbst: Mit dem Sieg der Europameisterschaft 4:1 im Osnabrücker Stadion gegen Norwegen vor 22.000 Zuschauerinnen und Zuschauern wuchs das öffentliche Interesse. Kapitänin Silvia Neid nahm den Pokal entgegen, auch Martina Voss war mit von der Partie. Prämie des DFB war ein Kaffee- und Teeservice von Villeroy & Boch. Mehr nicht. Vergleichen Sie das im Geist einfach mal mit Prämien – auch zu dieser Zeit – für die Männer-Mannschaften.
35 Jahre danach wird doch die Gleichstellung im Frauenfußball erreicht sein?
Nicht wirklich. Der deutschen Nationalmannschaft ist es insbesondere aufgrund ihrer Erfolge zu verdanken, dass das Interesse gestiegen ist. Frauenfußball wird in Deutschland immer beliebter; international gehört Deutschland zu den besten Mannschaften – natürlich mit Höhen und Tiefen.
Die Diskussion um die Prämien im Vergleich zu den Männern ist keinesfalls zufriedenstellend abgeschlossen. Als Beispiel hier die Preisgelder zur Europameisterschaft für die Nationalmannschaft der Männer bzw. Frauen. Auch das ist gemeint, wenn vom Gender Pay Gap die Rede ist.
Und wie war das in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)?
Bis zur Wiedervereinigung wird Fußball für Frauen vor allem als Freizeitsport für Männer als Leistungssport angesehen.
1960 wurde über den Frauenfußball erstmals offiziell berichtet. Zwar gab es über die Damenmannschaften Vorurteile; sie wurden jedoch toleriert. Meistens waren die Mannschaften den Betrieben angegliedert und wurden von einzelnen Personen gefördert. Zum Beispiel von Bernd Schröder als Gründer und Leiter der Frauenfußballabteilung „Turbine Potsdam“.
Organisatorisch blieb die Unterstützung mager. Die Verankerung des Frauenfußballmannschaft in der Organisationsstruktur des Deutschen Fußball Verbandes (DFV) erfolgte ab 1968. Der DFV sah in seinen Statuten von 1971 eine Spielzeit von 60 Minuten vor, dass die Mädchen mindestens 16 Jahre alt sind und ein „einsatzfähiger weiblicher Schiedsrichter“ gestellt wird. Durch Beschluss legte der DFV fest, dass der Wettspielbetrieb nicht über den Bezirksbereich hinausgehen durfte. DDR-Meisterschaften wurden dadurch lange Zeit verhindert.
Ab 1979 wurde in sogenannten Bestenermittlungen gespielt, oft als DDR-Meisterschaft bezeichnet. 1990 gab es erstmals eine Oberliga und das erste und einzige Länderspiel wurde ausgetragen. Im selben Jahr ging mit der Wiedervereinigung der DFV in den DFB über.
Wozu das alles nun?
Natürlich war mit diesem kleinen historischen Abriss die Absicht verbunden, Ihnen ein Beispiel zur Ungleichheit – trotz verankerter gesetzlicher Gleichberechtigung – zu geben. Was heute selbstverständlich erscheint, nämlich dass auch Mädchen und Frauen Fußball spielen, war es lange nicht. Und die Förderung, also die Bereitstellung von Ressourcen, wie Geräte, Personen, Löhne, etc. lässt im Vergleich immer noch zu wünschen übrig.
Es geht nicht darum, welches Geschlecht angeblich „besser“ ist. Ziel ist vielmehr, dass alle Geschlechter Freude und Spaß daran haben, das „Runde ins Eckige“ zu bekommen. Und es gibt noch weitere Sportarten, die spannend sind: Dart, Snooker, …
Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, wer maßgeblich die Entscheidungen zum Frauenfußball getroffen hat?
Vielleicht sehen Sie Sportsendungen nun nochmal anders an: Welche Geschlechter bekommen wie viel Aufmerksamkeit?
Das sind eben die Gesichtspunkte der Gleichstellung.
Und ich hoffe, Ihnen hat das Lesen das ein oder andere Aha-Erlebnis vermittelt.
Wo gibt es noch Informationen?
Schauen Sie zuhause einfach bei Interesse in YouTube rein: https://www.youtube.com/watch?v=5v89s82h-IA
Und Warnung: Das wird es gleichstellungsmäßig richtig gruselig …